Der Mann mit der Dauerkarte im IC 2

Der Mann mit der Dauerkarte im IC 2

Der Mann mit der Dauerkarte im IC 2

 

  • Zugbegleiterin (Anonym) Unbekannt

 

Ich, als Fahrkartenkontrolleurin, erlebe immer wieder sehr skurrile Dinge während meinen Fahrten auf den verschiedenen Zügen.

Seit Fahrplanwechsel bin ich meistens auf dem IC 2 zwischen Frankfurt und Münster unterwegs. Dieser fährt über Siegen und Haiger ins NRW-Gebiet. Auf einer Teilstrecke wird der IC zu einem Regionalzug. Das heißt, dass ich dann auch Fahrgäste mit einem normalen Zugticket ohne IC Nutzung kontrollieren muss.

Einige Tage nach dem Fahrplanwechsel, fiel mir ein Mann mittleren Alters auf, der scheinbar täglich in dem Zug mitfahren musste. Er fragte mich, ob er sitzen bleiben könnte, wenn wir das Regionalgebiet verlassen würden. Ich runzelte erstmal die Stirn und verstand den Herrn nicht. Er hatte eine Fahrkarte bis zum Ende des Tarifgebietes, wollte jedoch bis Münster sitzen bleiben. Wie geht sowas und was wollte er in Münster. Als ich ihn das fragte, meinte er „rumfahren“. Aber das verstand ich nicht ganz. Ich dachte kurze Zeit über seine Worte nach und kam zu dem Entschluss, dass er obdachlos sein musste und den Zug zum Leben und Schlafen nutzte.

Doch das war nicht der Fall. Als ich ihn am Wochenende drauf wieder traf und er mich freundlich anlächelte, fragte ich ihn, was er denn in Münster mache und wieso er immer in dem Zug sitzen bliebe und nicht an einem Ziel ausstieg. Er meinte, es mache ihm Spaß die Strecke immer wieder hin und her zu fahren, weil er den Zug so mochte. Das war kurios, so gab es doch seltsame Hobbys, wie ich bemerkte. Der Mann hieß Simon und er erzählte mir bei einem Kaffee im Speisewagen später, wie er zu der Zugfahrerei gekommen ist. Er war einmal eingeladen in einem ICE im Führerstand mitzufahren.

Als die Fahrt für ihn zu Ende war, fand er es jedoch so genial, dass er den Rest des Tages mit dem Zugführer im Führerstand mitfuhr und dann fand er auch Gefallen dran, außerhalb des Führerstands den Zug nicht mehr zu verlassen und immer hin und her zu fahren.
Manchmal schlief er auf seinem Platz ein, ein anderes Mal hörte er Musik oder starrte auf sein Handy. Es gibt kuriose Dinge, die Menschen tun. Das der Mann so freundlich und offen über sein Hobby erzählte, inspirierte mich jedoch, über ihn nachzudenken. Ihm ging es genau wie mir. Nur, dass ich hier meine Arbeit erledige, und bezahlt wurde für die Dinge, die ich an Bord machte.

Er dagegen saß einfach nur da, schaute aus dem Fenster, spielte am Handy und fand es faszinierend, dass er von einem Ort zum anderen fuhr, ohne sich bewegen zu müssen. Er erzählte mir auch, dass er sich manchmal eine Wochenkarte kaufte, die er tagtäglich auf der gleichen Strecke nutzte.

Mittlerweile kennen wir uns sehr gut und wenn er seine Wochenkarte mal wieder hochhält, dann weiß ich, dass er wieder eine Woche Urlaub hat und die Strecke meines IC 2 tagtäglich mehrmals fährt, um sich zu entspannen. Wir grüßen uns, halten ein Schwätzchen und dann arbeite ich weiter, kontrolliere meine Tickets und genieße die Fahrt, bis ich am Abend Feierabend habe.

 

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