Bahnhofsmanager Christian Schulz im Interview
Hallo Herr Schulz,
vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview bereit erklärt haben. Wir sind ständig auf der Suche nach spannenden Persönlichkeiten und da wurden wir auf Sie aufmerksam
Können Sie sich bitte den LeserInnen kurz vorstellen?
Ich heiße Christian Schulz, bin 45 Jahre jung, verheiratet und seit 1997 Eisenbahner mit viel Herzblut. Geboren bin ich in Sachsen-Anhalt, habe meinen Lebensmittelpunkt im Jahr 2009 in die schönste Stadt, mit dem schönsten Bahnhof der Welt, nach Leipzig verlagert.
Mein beruflicher Werdegang bei der Deutschen Bahn begann mit einer sehr klassischen Ausbildung als Kaufmann für Verkehrsservice und führte mich über diverse Stationen in das Bahnhofsmanagement nach Halle/Saale. Dort habe ich mir als Mitarbeiter in der Betrieb- und Verkehrsstation viele Grundlagen meiner heutigen Arbeit aneignen können. In einem berufsbegleitenden Studium zum Diplom-Betriebswirt konnte ich mir die theoretisch strategische Basis für meine weitere Laufbahn schaffen.
Im Jahr 2009 habe ich einen kompletten Querwechsel vollzogen und den Bereich Facilitymanagement im Regionalbereich Südost der DB Station & Service AG neu aufgebaut, welchen ich später als Leiter übernahm. Im Jahr 2013 zog es mich wieder zu meinen Wurzeln zurück. Gleichzeitig wollte ich meinen persönlichen Berufstraum verwirklichen, woraufhin ich das Bahnhofsmanagement Gera als Leiter übernommen habe. Ende 2014 erfolgte ein nächster persönlicher Entwicklungsschritt in das Bahnhofsmanagement nach Leipzig, wobei meine erste Herausforderung die Organisation des 100. Bahnhofsgeburtstages war. Seit einigen Jahren engagiere ich mich zudem ehrenamtlich als Schöffe am Arbeitsgericht in Leipzig.
Wie sieht Ihr Alltag als Bahnhofsmanager aus?
Mit meinen 90 Mitarbeitenden betreibe ich 130 Bahnhöfe im Umfeld von Leipzig. Dazu gehört neben dem Facilitymanagement (Instandhaltung, Reinigung, Grünpflege und Winterdienst) die Reisendeninformation und der Service an unseren KundInnen, die Vermietung sowie die Entwicklung und der Umbau der Bahnhöfe. In diesem Zusammenhang steuern wir eine Vielzahl von Dienstleistern, führen die gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollen sowie Überwachungen durch und haben dabei immer die Qualität im Auge.
Als erster Vertriebler vor Ort bin ich in meinem Bereich der zentrale Ansprechpartner aller Bahnthemen für z. B. BürgermeisterInnen, Zweckverbände aber auch Eisenbahnverkehrsunternehmen und fungiere hiermit als Schnittstelle nach außen sowie als operativer Problemlöser. In Bezug auf meine Mitarbeitenden sehe ich die Hauptaufgaben darin, einen sicheren und qualitativen Betrieb zu gewährleisten. Dafür müssen Grundlagen durch Schulungen und Unterweisungen geschaffen werden und es bedarf gleichzeitig einer guten nachhaltigen Kommunikation sowie einer guten dispositiven Personalsteuerung und Planung.
Ich persönlich habe nicht den Anspruch, jede Entscheidung selbst zu treffen. Es gilt vielmehr darum, mit den Mitarbeitenden Entscheidungsspielräume festzulegen und als Berater, Ideengeber, Lenker und Krisenmanager zu agieren. Ein sehr wichtiger Teil meiner Arbeit ist die Motivation meiner Mitarbeitenden, denn nur so können und konnten wir Herausforderungen wie die Ukraine-Flüchtlingskrise oder die Reisendenströme während des 9€-Tickets bewältigen. Und darauf bin ich sehr stolz.
Es frequentieren täglich mehr als 120.000 Fahrgäste den Leipziger Bahnhof, wie managen Sie den Ablauf, damit alles reibungslos abläuft?
Natürlich geht so eine Mammutaufgabe nicht allein. Wir haben über die Jahre gut funktionierende Prozesse und Abläufe entwickelt. Als wichtiger Baustein zählen natürlich die vielen Mitarbeitenden aller Konzerngesellschaften, welche täglich sehr gute Gastgeber für unsere Reisenden sind. Die besondere Herausforderung am Leipziger Hauptbahnhof ist die gemeinsame Betreibung der Anlagen mit den Promenaden der ECE-Gruppe. Da der Centermanager und ich ähnlich hohe Qualitäts- und Serviceansprüche haben, funktioniert dies hervorragend. Und mit der Wahl zum besten Bahnhof Europas im Jahr 2021 scheint unsere Arbeit gute Früchte zu tragen.
Welche Hobbys haben Sie und wie wirken sich diese auf Ihre Arbeit aus?
Ich bin Fan eines recht neuen, modernen und aufstrebenden Fußballvereins in Leipzig, dessen Spiele ich, wann immer möglich, live im Stadion verfolge. Sehr gerne erkunde ich mit meiner Familie auf dem Fahrrad die Gegend um Leipzig oder durch regelmäßige Laufeinheiten. Dies und meine Reisen ins In- und Ausland ermöglichen mir den entsprechenden Ausgleich und lassen mich wieder neue Kraft tanken.
Wie wird man zum Bahnhofsmanager?
Meine Vita habe ich bereits ausführlich beschrieben, aber es gehört sicher etwas mehr dazu. Bahnhofsmanager ist für mich auch mehr eine Berufung. Wer nach Feierabend oder am Wochenende nichts von seiner Arbeit hören und sehen möchte, sollte vielleicht einen anderen Job wählen. Neben dem persönlichen Einsatz und Herzblut für den Bahnhof/die Bahn um und für so eine Stelle, braucht es natürlich immer Führungskräfte, die die eigene Persönlichkeit fördern, an den Menschen glauben und ihm die Chance geben. Diesbezüglich haben meine Laufbahn bisher großartige Persönlichkeiten begleitet, denen ich nach wie vor sehr verbunden bin.
Können Sie die nächsten Jahre im gleichen BM tätig sein oder müssen Sie in einem bestimmten Intervall das BM innerhalb des RBs wechseln?
Ich bin jetzt seit 8 Jahren in Leipzig und immer noch so motiviert wie am ersten Tag. Ich stelle mich gerne neuen Herausforderungen und Themen und schaue dabei aktiv über den Tellerrand. Ich engagiere mich in der Leitung des Regionalbereiches Südost und unterstütze die Zentrale der DB Station & Service AG. Solange ich dieses Feuer in mir spüre, sehe ich keinen Anlass für einen Wechsel. Ich bin auch davon überzeugt, dass meine regionale Verbundenheit und meine guten Kontakte zu den internen und externen Stakeholdern dem Beruf des Bahnhofsmanagers sehr zuträglich sind. Natürlich steht man aber als Führungskraft in einem Großkonzern neuen Aufgaben und Ideen, auch im persönlichen Bereich, immer aufgeschlossen gegenüber.
Was macht Ihnen am meisten und am wenigsten Spaß?
Zum Glück kann ich in meinem Job als Leiter im Bahnhofsmanagement sehr kreativ sein und mich frei entfalten. Es gibt nicht viele Restriktionen und man ist eine Art kleiner Unternehmer unter dem Dach eines Großkonzerns und genau das „liebe ich“. Ich brauche Herausforderungen und kann zudem mit Krisen gut umgehen. Sehr spannend finde ich auch, die zur Verfügung gestellten Budgets und Förderprogramme übergreifend und optimal zu steuern. Was ich gar nicht mag, sind stundenlange, ineffektive Besprechungen ohne richtiges Ziel. Hier priorisiere ich im Kundensinne.
Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
Hoffentlich bin ich in 10 Jahren gesund, die Welt um uns herum hat sich dann besonnen, kümmert sich stattdessen um die wirklichen Probleme der Erde und führt keine Kriege. Beruflich sehe ich mich weiterhin in einem Job, in dem ich Mehrwert stiften kann und dabei offen für Neues bin. Ich möchte auf die zehn Jahre davor, beruflich und privat, glücklich und zufrieden zurückblicken.
Ich möchte Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeitende um mich herumhaben, die meine Lebenserfahrung sowie meine eisenbahnspezifische Fachlichkeit schätzen, mich gerne um Rat fragen und die Dinge gemeinsam beherzt angehen. Gerne würde ich jungen Kolleginnen und Kollegen ähnliche Werdegänge ermöglichen und dies durch eine persönliche Begleitung fördern. Auch privat möchte ich mich weiterhin sozial engagieren.
Was würden Sie Ihrem 20-jährigen Ich, mit dem Wissen von heute, am liebsten sagen?
Ich würde meinem 20-jährigen Ich auf jeden Fall nicht „mach alles anders“ sagen. Ich bin persönlich stolz auf meinen Weg. Des Weiteren liebe ich meinen Beruf, mich motiviert die Arbeit mit meinen Mitarbeitenden an und mit unseren Kunden und das jeden Tag aufs Neue.
Ich habe Spaß daran, mit meinem Team kreativ zu sein und Dinge selbständig umzusetzen bzw. unsere Projekte wachsen zu sehen.
„Der Weg ist das Ziel!“ Natürlich kann man mit 25 Jahren Wissensvorsprung Einzelthemen immer anders angehen. Aber ich hatte sowohl privat als auch beruflich immer klare Ziele im Kopf, welche ich dann, manchmal auch auf Umwegen, umgesetzt habe. Ich glaube, mit diesem Motto kommt man gut durch das Leben.
In welchem Urlaubsland waren Sie schonmal und welches können Sie den LeserInnen besonders empfehlen?
Ich reise viel und gerne und liebe die Berge in Österreich, aber auch in Südtirol. Mein Reiseherz gehört jedoch der traumhaften Insel Bali.
Vielen Dank für das Interview.
Für mehr spannende Interviews aus dem Kosmos der Eisenbahn.
Hier klicken
Bei Fragen oder Bemängelung bitte eine Mail an: info@dereisenbahner.net