Der metronom im Interview
Hallo Frau Fehsenfeld,
vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview bereit erklärt haben.
Wir sind ständig auf der Suche nach spannenden Unternehmen und da wurden wir auf den metronom aufmerksam.
Unsere Sommerfeste sind legendär! – metronom
Können Sie bitte ihr Unternehmen in kurzen Sätzen vorstellen? Wir sind eines der größten privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen in Deutschland und verbinden Menschen und Orte in Norddeutschland. Unsere Züge fahren zwischen Hamburg, Bremen, Hannover und Göttingen sowie unter der Marke enno zwischen Hannover, Wolfsburg, Braunschweig und
Hildesheim. Sitz und Herz des Unternehmens ist im niedersächsischen Uelzen. Täglich vertrauen uns mehr als 120.000 Fahrgäste, dass wir sie schnell und bequem zur Arbeit, nach Hause oder in die Freizeit bringen. Wir haben auch noch ein Schwesterunternehmen: erixx ist mit seinen Zügen zwischen Hannover, Bad Harzburg, Braunschweig und Uelzen unterwegs. Zum Jahresende nimmt zudem erixx Holstein den Betrieb zwischen Lüneburg, Lübeck und Kiel auf und verbindet so die Lüneburger Heide direkt mit der Ostseeküste. “Über 500 engagierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen sich tagtäglich für unsere Fahrgäste ein.
Ein metronom am Heimatbahnhof in Uelzen. Fotonachweis: metronom Eisenbahngesellschaft mbH /Jan Sieg
Seit wie viel Jahren gibt es Ihr Unternehmen und wo sehen Sie sich in 10 Jahren? Seit 2003 rauschen unsere gelb-blauen Züge mit bis zu 160 km/h durch den Norden. Dank des großen Engagements aller Mitarbeiter gehören wir heute zu den erfolgreichsten privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen in Deutschland. Wir wollen weiterwachsen, uns vor allem aber weiterentwickeln. Innovationen und gute Ideen werden bei uns großgeschrieben. Vor allem werden wir auch in Zukunft alles daransetzen, dass Zug fahren Spaß macht!
Worauf legen Sie besonderen Wert bei den Mitarbeitern? In den vergangenen knapp 20 Jahren haben wir Millionen von Fahrgästen sicher und (meistens) pünktlich ans Ziel befördert. Das verdanken wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Aber gerade, wenn es mal nicht rund läuft, liegt eine große Verantwortung auf den Schultern der Kollegen und Kolleginnen vor Ort. Wir wissen das und legen bereits bei der Ausbildung großen Wert auf Sicherheit, Teamarbeit und Verantwortungsbewusstsein. In Uelzen betreiben wir ein eigenes Ausbildungs- und Trainingszentrum und bilden selbst Fahrgastbetreuer, Lokführer und Triebfahrzeugführer aus. Auch Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen bekommen bei uns eine faire Chance! Die meisten der Schulungsleiter kommen aus dem eigenen Mitarbeiterstab. Das garantiert Praxisnähe und sorgt dafür, dass sich alle von Anfang an bei metronom willkommen und zuhause fühlen.
Was war der erlebnisreichste Moment bei Ihrem Unternehmen? Da gibt es einige. metronom ist bekannt dafür, innovative Lösungen für die „Alltagsprobleme“ des Bahnfahrens zu finden. Vieles von dem, was wir als Erste beginnen, wird nach 2-3 Jahren Standard in der Branche. Somit gab es schon sehr viele besondere Momente, hier eine Auswahl unserer Highlights: Als Herbert Grönemeyer 2012 ein Konzert in Uelzen gegeben hat, konnten wir ihn dafür gewinnen, die Stationsansagen zu sprechen – und zwar nicht nur „auf Band“, sondern auch live im Zug, mit dem er selbst zum Auftritt gefahren ist. Im Jahr 2014 wurde Uelzen vier Tage lang zu Hollywood, als mehrere Szenen für den Tatort mit Til Schweiger im metronom gedreht wurden. Und weil auch Til Schweiger ein großer, kleiner Junge ist,
wollte er natürlich selbst mal Lok fahren. Über Funk plauderte er dabei mit dem Fahrdienstleiter, der eine Weile brauchte, bis er wirklich geglaubt hat, wen er da am anderen Ende hatte. Denkwürdig ist auch unsere Aktion „Butter bei die Fische“: Freie Platz-Wa(h)l oder Sardinendose? Seit 2014 stellt metronom Fahrgäste vor die Wahl und schafft es mit einem Augenzwinkern, übervolle Züge zu entlasten. Vor allem Pendler bekommen so endlich den lang ersehnten Sitzplatz zurück. Um die nötige Aufmerksamkeit zu bekommen, haben wir damals mit den Flyern echte Sardinendosen verteilt.
Welche Goodies erhalten bei euch die Mitarbeiter, können Sie Beispiele aufzählen? Unsere Schichten beginnen und enden immer am eigenen Standort, unsere Mitarbeiter sind also abends bzw. nach Dienstschluss immer zuhause. Unsere Dienstpläne werden langfristig vorbereitet, es gibt also in der Regel verlässliche Arbeitszeiten. Wir bieten flexible Teilzeitmodelle und im Fahrdienst lebenslange Zeitwertkonten. Diensthandys dürfen bei uns auch privat genutzt werden. Und unsere Pausenräume sind fast so schön wie zu Hause, das heißt inklusive Netflix, Obst, Playstation und Kaffee. Auch außerhalb des Jobs unterstützen wir die nachhaltige Mobilität unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: zum Beispiel mit der Initiative „JobRad“ oder einem großzügigen Zuschuss zu den Abokosten im gesamten Regionalverkehr. Wir zahlen Leistungs- und Treueprämien und bieten Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten passend zu persönlichen Wünschen und Fähigkeiten. Neu- und Quereinsteiger bekommen bei uns eine fundierte Ausbildung, die auch schon ordentlich bezahlt wird. Und für die erfolgreichen Anwerbung neuer Kolleginnen und Kollegen gibt es eine Empfehlungsprämie von bis zu 2000 Euro. Nicht zuletzt: Unsere Sommerfeste sind legendär!
Können Sie mir ein Beispiel für Misserfolg nennen, den Sie als Unternehmen erfahren haben und was haben Sie daraus gelernt? Wir haben 2018 die Ausschreibung für die Strecke Cuxhaven-Stade-Hamburg leider nicht wieder gewonnen. Das war schmerzhaft, gerade weil die Strecke an die Nordseeküste natürlich ihren besonderen Reiz hatte. Wir haben aus dieser und anderen Erfahrungen den Schluss gezogen, dass es nicht sinnvoll ist, sich an gnadenlosen Preiskämpfen zu beteiligen. Wir setzen weiter auf möglichst ganzheitliche Konzepte und versuchen, mit bestmöglichem Service und bestmöglicher Qualität zu überzeugen. Das ist nicht immer leicht. Die Attraktivität des schienengebundene Nah- und Regionalverkehrs muss aber weiter steigen. Das erreicht man nicht, wenn ausschließlich auf den Preis geguckt wird. Wir hoffen, dass sich diese Erkenntnis auch zunehmend bei der öffentlichen Hand durchsetzt.
Mit welchen Worten würden Sie ihre Mitarbeiter beschreiben? Individuell, kompetent, sturmerprobt und partytauglich. Unsere Kollegen und Kolleginnen können sich aufeinander verlassen. Wenn es drauf ankommt, ziehen alle in einem Strang. Viele zeichnet eine typisch norddeutsch-raue Herzlichkeit aus. Wir freuen uns aber über Zuwachs aus allen Teilen der Republik, auch Fremdsprachenkenntnisse sind immer willkommen.
Was war das kurioseste, was Ihnen (Unternehmen) passiert ist? Wir haben weiter oben ja schon von einigen besonderen Erlebnissen berichtet. Klar, manchmal denken wir uns auch kuriose Aktionen aus, Zugfahren soll ja nicht langweilig sein. Ab und zu sorgen
aber auch die Fahrgäste für Heiterkeit. So haben wir zum Beispiel mal einen (echten) Esel mitgenommen. Und wir haben mal Goldfische gerettet und übrigens auch schon mal eine Hochzeit!
Wie sehr hat sich ihr Unternehmen seit der Gründung bis heute entwickelt? Wir sind 2003 mit einem kleinen, eingeschworenen Team gestartet, das vieles anders machen wollte als üblich. Inzwischen sind wir ein mittelständisches Unternehmen und ein ernstzunehmender Player im Eisenbahnverkehr. Trotzdem haben wir uns unsere freche und ungewöhnliche Art erhalten. Das sieht man auch an der Art unsere Kampagnen. Manchmal liegen wir im Ton etwas drüber, das sehen wir dann aber auch ein und hoffen, dass unsere Fahrgäste beim nächsten Mal wieder über unsere oft leicht schrägen Werbeaktionen lachen können. Viele der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus der Anfangszeit sind übrigens auch heute noch mit an Bord. Das spricht doch für uns!
Welche 3 Dinge würde Ihr Unternehmen auf eine einsame Insel mitnehmen? Eine metronom Kühltasche mit Inhalt und ein Handy, damit uns schnell wieder jemand abholt. Bis es so weit ist, hören wir damit unseren metronom Song in Dauerschleife: Spotify – Ich hab es wieder getan.
Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, welches Jahr würden Sie auswählen und warum? Als Eisenbahn fahren wir lieber vorwärts – und auch als Unternehmen schauen wir lieber in die Zukunft. Deshalb würden wir die Zeit lieber etwas vordrehen: bis zu der Zeit, in der die Modernisierung all unserer Züge umgesetzt ist, in der unsere Hauptstrecken Hannover – Hamburg und Hamburg – Bremen endlich komplett ausgebaut sind und es keinen Stau mehr auf den Elbbrücken gibt, weil fast alle Menschen im metronom sitzen. Wenn es vielleicht doch einen Moment gibt, die Zeit zurückzudrehen, dann würden wir gerne die Ausschreibung für die Strecke Hamburg-Cuxhaven gewinnen. Die Strecke und das Meer fehlen uns doch sehr! Zum Glück geht es demnächst mit erixx Holstein an die Ostsee.
Was würden Sie sich in Zukunft von den EVUs wünschen? Mehr Mut. Mehr Kooperation. Mehr Selbstbewusstsein. Wir können was. Der Nah- und Regionalverkehr ist das Rückgrat eines attraktiven, klimafreundlichen Mobilitätsangebots. Mit uns fahren die Pendler täglich zur Arbeit, mit uns sind die Leute regelmäßig unterwegs zu Freunden, mit uns entdecken sie Ausflugsziele am Wochenende. Wir wünschen uns, dass es beim Infrastrukturausbau nicht nur um Prestigeprojekte und Hochgeschwindigkeitstrassen geht, sondern Erhalt und Ausbau der vorhandenen Infrastruktur in der Fläche deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt. Trotz allem Wettbewerb müssen EVU hier regional stärker kooperieren, ihren Bedarf deutlich machen und sich gemeinsam engagieren.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
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