Trainspotter – Patrick Klein
Kannst du dich bitte vorstellen? Hallo, ich bin Trainspotter – Patrick Klein, bin 27 Jahre alt und lebe in Wendlingen am Neckar. Nach meiner Aus- und Weiterbildung zum Mediengestalter und Layouter habe ich in den letzten Jahren an der HdM Stuttgart Werbung und Marktkommunikation studiert und nebenher als Werkstudent und Praktikant im Fahrgastmarketing bei der DB Regio Baden-Württemberg gearbeitet. Derzeit unterstütze ich als Praktikant meine Kolleg:innen im Marketing bei der S-Bahn Stuttgart, zum Beispiel bei der Betreuung der Webseite und dem Zugportal sowie in der Baustellenkommunikation und hinsichtlich grafischer Wünsche.
Dabei schätze ich besonders die Möglichkeit, die berufliche Dimension mit meiner Leidenschaft zur Eisenbahn zu verbinden. In meiner Freizeit bin ich in den Ausflugsmonaten regelmäßig als Freizeitzugbegleiter und Bü-Posten. in den oberschwäbischen Freizeitexpress-Zügen „Räuberbahn“ und „Moorbahn“ tätig, übe häufig das Hobby Trainspotting aus oder bereise mir noch weniger bekannte Bahnstrecken mit dem Zug.
Seit wie vielen Jahren übst du dein außergewöhnliches Hobby aus? Meine ersten Zugbilder habe ich im Jahr 2007 mit einem Einwegfoto geschossen, was aus heutiger Sicht fotografisch fast nicht vorzeigbar ist. Bekanntlich nehmen Bilder dieserart eine emotionale Dimension ein, was allerdings dementsprechend einen wertvollen Stellenwert hat. Bildausschnitt, Sonnenseite und Fotowolke waren für mich zu dieser Zeit eher noch Fremdworte.
Die Hauptsache war, dass das Bild scharf wurde, was leider aber nur selten klappte, besonders wenn ein ICE 3 durch Plochingen eilte und ich nur einen Schuss frei hatte. Zum Glück gab es aber auch 218er, die am Bahnsteig hielten. Ein paar Jahre später habe ich dann eine Digitalkamera zu Weihnachten bekommen, welche mich viele Jahre auf zahlreiche Bahnhöfe und Bahnreisen begleitet hat. Seit 2017 fotografiere ich nun auf einem professionelleren Level, bin dabei meinen Fotogrundsätzen allerdings stets treu geblieben. Die An- und Abreise zum Trainspotting erfolgte selbstverständlich umweltfreundlich mit der Bahn und zu Fuß, nicht mit dem Auto!
Braucht man ein teureres Equipment? Welche Kamera nutzt du aktuell? Es ist kinderleicht, auf den Auslöser einer Kamera zu drücken. In der heutigen Zeit besitzen die meisten Smartphones bereits hochwertige Kameras. Was bringt aber eine teure Kamera, wenn dessen Besitzer sie nicht richtig bedienen kann und kein Gespür für schöne Motive und Perspektiven hat? Man muss erlernen, wie Blende, Belichtungszeit und Lichtempfindlichkeit zusammenhängen, welches Objektiv sich in welchem Fall am besten eignet, wie der Bildausschnitt und die Perspektive eine Bildaussage verändert und wie man Bilder professionell bearbeitet. Das braucht Zeit und Motivation!
Zum Fotografieren verwende ich nun seit mehreren Jahren eine Systemkamera von Sony, Modell Alpha 7 II, meist mit einem 70-200mm Tele- oder einem 28-70mm Weitwinkel-/Normal-Objektiv. Bei Langzeitbelichtungen kommt hin und wieder ein Stativ zur Hilfe. Die Bildbearbeitung findet mit Adobe Photoshop statt.
Wie wird man zu einem Trainspotter? Bei mir hat sich das durch regelmäßige Bahnhofsbesuche, dem Treffen von Hobbykollegen und dem Interesse an besonderen Zügen ergeben. Wichtig ist, dass man immer auf dem Laufenden bleibt (z.B. DSO und Sichtungsmeldungen lesen), sich mit Gleichgesinnten austauscht und seine Kamera einsatzbereit hält.
Was sagt deine Familie dazu, dass du ein erfolgreicher Trainspotter mit einer großen Community bist? Das ist ihnen gar nicht so bewusst. Meine Familie ist meines Erachtens froh, wenn ich sie nicht mit Themen bezüglich der Eisenbahn nerve. Da nur ein Bruchteil der Follower meines Instagram-Profils little_trainspotter auf einzelne Beiträge positiv reagiert, finde ich persönlich die Follower-Anzahl wenig aussagekräftig. Natürlich spornen mich aber auch diejenigen Follower an, die immer wieder nette Kommentare hinterlassen.
Was war das schönste Erlebnis, das du als Trainspotter erlebt hast? Das für mich schönste Erlebnis war, als ich vor einigen Jahren in Stuttgart ganz unerwartet in den Führerstand des ehemaligen Weltrekord-TGV-Triebkopf eingeladen wurde und der französische Triebfahrzeugführer mir exklusiv seinen besonderen Arbeitsplatz vorstellte. Das kann selbst die Führerstandmitfahrt im Stuttgarter Rössle auf dessen Rückkehr ins Schwabenländle oder der für mich besonders emotionalen letzten Fahrt des RE Tübingen – Stuttgart unter Regie der DB Regio toppen.
Weiß dein aktueller Arbeitgeber, was du machst und wie ist dieser damit umgegangen? Die S-Bahn Stuttgart ermöglicht mir meine Leidenschaft für die Fotografie, auch beruflich auszuüben und profitiert natürlich davon. Auch auf den Unterseiten von bahn.de/bw lassen sich so manche Bilder von mir finden, was mich natürlich stolz macht.
Welche Eigenschaften braucht man, um als Trainspotter aktiv zu werden? Natürlich sollte man Spaß an der Fotografie haben, Wissen und Verständnis über Baureihen und Abläufe im Bahnverkehr mitbringen, sich geografisch etwas auskennen und Durchhaltevermögen aufweisen. Wer effizient nur die Highlights spotten möchte, der muss Kontaktpflege zu Triebfahrzeugführern und Fahrdienstleitern betreiben und unter den Trainspottern Netzwerken. Leider fördert dies aber das teils egoistische Verhalten von so manch „Eisenbahnfotografen“.
Was war das Kurioseste, was dir beim Trainspotten passiert ist? Vor ein paar Tagen wollte ich eigentlich ins Filstal fahren und einen Messzug fotografieren. Jedoch kam ich gar nicht so weit, denn an meinem Heimatbahnhof stand überraschenderweise ein interessanter Vectron von der DB Systemtechnik. Nachdem ich ihn bildlich verewigt hatte, wollte ich noch einen Nachschuss bei dessen Ausfahrt, Richtung Neubaustrecke Wendlingen – Ulm anfertigen.
Jedoch verzögerte sich die Abfahrt der 193 969 aus mir bis zu diesem Zeitpunkt noch unerklärlichen Gründen. Plötzlich hörte ich hinter mir einen Sound, drehte mich um und staunte nicht schlecht, als mir zum ersten Mal ein ICE 3 in Wendlingen am Neckar begegnete. Im Rahmen von ETCS-Messfahrten war dies vermutlich der allererste Besuch eines 403er in meinem Heimatbahnhof. Für mich war dieser Moment ein sehr ungewohnter und emotionaler Anblick, den ich so schnell nicht vergessen werde. Auch, wenn mit Inbetriebnahme der NBS im Dezember der ICE-Verkehr durch Wendlingen schnell zum gewohnten Bild werden wird.
Welche drei Dinge würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen? Mitnehmen würde ich eine stabile Metallschüssel mit Griffen, die als Transportbehältnis sowie zum Auffangen und Abkochen von Wasser dienen kann. Weiterhin würde ich Feuerstahl mitnehmen, um Feuer auszulösen. Auch eine kleine Axt, die als Schnittwerkzeug und zum Unterschlupfbau hilfreich sein sollte, kann mit mir auf die einsame Insel mit.
Kann man als Trainspotter Geld verdienen? Ja, das ist möglich, wenn Werbe-/Kommunikationsagenturen oder Fachverlage einen anschreiben und Bilder abkaufen möchten.
Welches Modell würdest du gerne mal fotografieren, das in deiner Sammlung noch fehlt? Als großer 218er-Fan wünsche ich mir, das Unikat V 320 001 von Wiebe (Henschel DH 4000) oder die V 160 002 „Lollo“ zu fotografieren.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.
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