Anwalt Dr. Bernd H. Uhlenhut für Eisenbahnrecht im Interview

Anwalt Dr. Bernd H. Uhlenhut für Eisenbahnrecht im Interview

Hallo Herr Dr. Uhlenhut,

vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview bereit erklärt haben. Wir sind ständig auf der Suche nach spannenden Persönlichkeiten und da wurden wir auf Sie aufmerksam.

 

1. Können Sie sich bitte kurz für unsere Leser vorstellen?

Mein Name ist Bernd Uhlenhut. Ich bin Rechtsanwalt und Partner bei BSU Legal (bsu-legal.de) in Dortmund, 47 Jahre alt und seit mittlerweile fast zwanzig Jahren als Jurist im Bereich der Eisenbahnen tätig. Dies beschränkt sich nicht auf die typischen anwaltlichen Tätigkeiten, sondern erfasst auch Veröffentlichungen und die Durchführung von Tagungen und Seminaren. Die meisten Veranstaltungen begleite ich dabei als Mitglied des Vorstands der Forschungsstelle für deutsches und internationales Eisenbahnrecht (FER, f-e-r.org), an deren Gründung ich 2004 beteiligt war. Schließlich bin ich noch Lehrbeauftragter für Umweltrecht im Masterstudiengang Städtebau NRW und außerdem Prüfer für das erste juristische Staatsexamen beim Oberlandesgericht Hamm.

 

2. Welcher Anreiz hat Sie dazu bewegt, im Eisenbahnrecht zu arbeiten?

Das spannende am Eisenbahnrecht sind zunächst natürlich die Fälle, die es zu bewältigen gilt. Das hat sich bei mir sehr schnell über die Einführung von GSM-R und PZB90 über Unfallereignisse bis hin zu den Streitigkeiten um die Infrastrukturnutzungsentgelte entwickelt. Die Verfahren fanden dabei vor allen möglichen Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen Gerichtshof statt. Zudem dauert bis heute die Rechtsentwicklung mit Zielen wie dem unbeeinträchtigten Wettbewerb und einem einheitlichen europäischen Eisenbahnraum an. Das führt zugleich zu einer Menge einer politischen Reibung, die sich auch darauf auswirkt, mit welcher Taktik die Lösung von Fällen anzugehen ist. Die ständigen Rechtsänderungen lassen schließlich keine Langeweile aufkommen und werden uns sicherlich auch noch die kommenden Jahre begleiten. Das ist nicht immer positiv, da erarbeitete rechtliche Lösungen schnell einmal vom Gesetzgeber über den Haufen geworfen werden.

 

3. Ist das Studium wirklich so schwer oder eher eine Ausrede der Studierenden, die keine Lust auf das Lernen haben?

Wie bei vielem, dürfte es vor allem darauf ankommen, was einen interessiert und was einem Spaß macht. Es braucht schon eine gewisse Begeisterung für die Strukturen des Rechts, um das in Deutschland sehr breit gefächerte Studium und das anschließende Referendariat zu bewältigen. Erst danach kann man sich eigentlich auf einen Bereich spezialisieren, bei dem einen die Lebenssachverhalte besonders interessieren. Dann wird es auch erst richtig spannend, weil zu dem eher theoretischen Wissen das gesamte Feld der Taktik und der Suche nach praxisgerechten Lösungen hinzukommt.

 

4. Kann der Beruf des Anwalts mit der Netflix Serie „Suits“ verglichen werden?

Wer bei uns arbeiten möchte, muss zur Einarbeitung zunächst sämtliche Staffeln der Serie anschauen. Aber im Ernst: das hat mit unserem Alltag natürlich sehr wenig zu tun, abgesehen von den Besonderheiten des amerikanischen Rechts. Immerhin zeigt die Serie, dass es bei den Juristen durchaus um eine Menge Kreativität geht, um Lösungen für ein rechtliches Problem zu finden. Das Unrealistischste an der Serie, sind allerdings die dünnen Blättchen, die man dort als „Akten“ herumreicht. Meterlange Leitzordner wie in Planfeststellungsverfahren sieht man bei „Suits“ deutlich seltener als in unserem Büroalltag.

 

5. Welche Hobbys haben Sie und wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?

Eher wirkt sich die Arbeit auf die Hobbys aus, da für diese meist nicht viel Zeit bleibt. Ich versuche trotzdem so regelmäßig wie möglich Fitness zu betreiben und E-Gitarre zu spielen. Beides bietet einen sehr guten Ausgleich zum Büroalltag, der sich fast ausschließlich vor dem Computer abspielt.

 

6. Was macht Ihnen an Ihrer Tätigkeit am meisten Spaß?

Bezogen auf die typische anwaltliche Fallbearbeitung ist am interessantesten, einen Lösungsweg für eine Problematik zu finden. Auch das findet nicht ausschließlich allein in der Bibliothek oder vor dem Computer, sondern häufig in Diskussionen mit meinen Kollegen, statt. Am meisten Freude macht es dann natürlich, mit einer solchen Idee die Interessen des Auftraggebers durchzusetzen. Oft braucht man in den behördlichen und gerichtlichen Verfahren dafür natürlich einen langen Atem.

 

7. Können Sie uns bitte erklären, auf welche Tätigkeiten Sie sich im Eisenbahnrecht spezialisieren?

Was die Rechtsbereiche angeht, decken wir mittlerweile praktisch alles ab, mit dem Eisenbahnunternehmen und deren MitarbeiterInnen zu tun haben können. Das reicht vom Schadensersatz- und Strafrecht bei Unfallereignissen über verwaltungsrechtliche Auseinandersetzungen mit Behörden bis hin zu den zivilrechtlichen Fragen der Vertragsgestaltung. Die Begleitung kann dabei von einer Beratung im Hintergrund über Gutachten bis hin zur gerichtlichen Vertretung reichen.

 

8. Zählen zu Ihren Mandanten nur Unternehmen und Behörden oder auch Privatpersonen?

Den Großteil macht bei uns die Tätigkeit für Unternehmen aus. Insbesondere im planungsrechtlichen Bereich kommen regelmäßig Behörden bzw. Städte und Gemeinden hinzu. Einzelpersonen sind in erster Linie bei Unfallereignissen betroffen, wenn sie sich staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt sehen oder bei einem Schadensersatzprozess mitverklagt werden. Persönliche Betroffenheiten können sich dann noch im Verhältnis zu Behörden ergeben, wenn es um die Tätigkeit als Betriebsleiter oder eine Anerkennung als Prüfsachverständiger oder ähnliche Funktionen geht.

9. Arbeiten Sie auch an der Fahrdienstvorschrift mit?

Nein, damit sind wir nicht befasst.

 

10. Wenn ja, müssen Sie hierbei die Machbarkeit neuer Regelungen von DB Netz und anderen Regelgebern, abklären?

Die Entwicklung von Regelwerken wird für uns häufig erst im Nachhinein relevant, wenn es um die Frage geht, welche Verbindlichkeit technische oder betriebliche Vorgaben entfalten oder welche Folgen mögliche Verstöße dagegen haben. Die bisher heißesten Diskussionen hatten wir sicherlich bei Fragen wie beispielsweise derjenigen, ob ein bestimmtes UIC-Merkblatt als anerkannte Regel der Technik verbindlich ist oder nicht. Zum anderen ergibt bisweilen unsere rechtliche Bewertung bei der Zusammenarbeit von Unternehmen oder der Übernahme neuer Transportaufträge die Notwendigkeit der Anpassung betrieblicher Regelungen, insbesondere im Sicherheitsmanagementsystem.

 

11. Welcher Fall war für Sie das spektakulärste und welches das kurioseste?

Am stärksten beeindruckt hat mich sicherlich der Strafprozess zum Eschede-Unglück, wenn ich diesen auch aus eher wissenschaftlicher bzw. journalistischer Sicht begleitet habe. Das Verfahren hat insbesondere gezeigt, wie stark eine rechtliche Bewältigung von technischen oder betrieblichen Bewertungen und Details abhängen kann. Das eingestellte Verfahren ist dabei allerdings kein Musterbeispiel dafür, wie staatliche Einrichtungen bei der Aufarbeitung derartig katastrophaler Ereignisse mitwirken können. Kurios waren hingegen eher kleinere Fälle wie der Diebstahl einer Lok oder der Diebstahl von Schienen aus einem Gleis.

 

Eisenbahnmuseum Bochum

 

12. Haben Sie eine Lieblings Baureihe und was ist Ihre Lieblingsstrecke?

Aufgrund meiner räumlichen Nähe zum Eisenbahnmuseum in Bochum (eisenbahnmuseum-bochum.de) denke ich da zuerst an die Preußische P 8. Da ich an der Strecke aufgewachsen bin, verbinde ich auch die meisten meiner Erinnerungen mit der Strecke der Ruhrtalbahn. Gleichauf kommt allerdings die linke Rheinstrecke zwischen Köln und Mainz, auch wenn ich dort nicht mehr häufig entlangfahre. Wenn ich im Ausland unterwegs bin, schaue ich mich auch regelmäßig nach möglichst fotogenen Betriebsanlagen der Eisenbahn um, die allerdings häufig nicht mehr in Betrieb sind.

 

Privat / Dr. B. Uhlenhut

 

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