Ludolf Kerkeling Vorstand von der HVLE

Ludolf Kerkeling Vorstand von der HVLE

Hallo Herr Kerkeling,

vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview bereit erklärt haben. Wir sind ständig auf der Suche nach spannenden Persönlichkeiten und da wurden wir auf Sie aufmerksam.

1. Können Sie sich bitte den Lesern kurz vorstellen?

Ich heiße Ludolf Kerkeling, ich bin 60 Jahre alt, verheiratet, habe zwei erwachsene Töchter und bin Vorstandsmitglied der Havelländischen Eisenbahn AG (HVLE). Ich habe Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen studiert (Vertiefung Verkehrswesen und Raumplanung, Diplomarbeit am Institut für Eisenbahnwesen), habe ab 1990 für 10 Jahre bei der Eisenbahn und Häfen (ThyssenKrupp Werksbahn) in Duisburg in verschiedenen Funktionen gearbeitet (zuletzt als Leiter Hafenbetrieb) und bin dann als Geschäftsführer zur Dortmunder Eisenbahn (DE) gegangen. Dort habe ich die Restrukturierung der DE im Zusammenhang mit der Stilllegung eines Hüttenwerkes begleitet sowie den Verkauf der DE-Anteile von ThyssenKrupp an die heutige Captrain Deutschland. Innerhalb der Captrain-Gruppe habe ich neben der Geschäftsführung der Dortmunder Eisenbahn und der DE Infrastruktur, 2008 auch die Leitung der Rail4Chem und Rail4Chem transalpin (Basel) übernommen. Ab 2012 war ich dann Mitglied der Geschäftsleitung der Captrain Deutschland GmbH und ab 2014 bin ich schließlich zur Havelländischen Eisenbahn gewechselt.

2. Wie sieht der Alltag eines Vorstandmitglieds der Havelländischen Eisenbahn AG aus?

Sehr abwechslungsreich! Die großen Themen der Unternehmensleitung sind bereits bekannt: im Kontakt mit Kunden, Mitarbeitern, Eigentümern, Lieferanten sowie unter Beachtung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Zukunft des Unternehmens zu gestalten und zu sichern. Im Alltag sind das viele Gespräche und Diskussionen, aber auch viel Lesen und Schreiben. An einem „normalen“ Arbeitstag bin ich um ca. 7.00 Uhr im Büro und der Tag ist gefüllt mit Terminen und zu bearbeitenden Unterlagen. Und in einem operativen Geschäft, wie wir es betreiben, passiert praktisch jeden Tag etwas Unerwartetes, auf dass wir dann in geeigneter Form reagieren müssen.
Zusätzlich zu diesen Aufgaben der Unternehmensleitung sind wir bei der HVLE auch sehr aktiv in der Verbandsarbeit tätig und versuchen dort, die politisch gesetzten Rahmenbedingungen so zu beeinflussen, dass mehr Verkehr auf die Schiene verlagert wird.

3. Worin unterscheiden sich die Tätigkeiten als ehemaliger Geschäftsführer (Captrain) gegenüber denjenigen zum Vorstand?

In der Funktion des Vorstands zum Geschäftsführer gibt es im Tagesgeschäft praktisch keinen Unterschied. Der Unterschied besteht nur in der Rechtsform des Unternehmens. Allerdings ist ein wesentlicher Unterschied der HVLE zu Captrain, dass die Captrain in einen größeren Konzern eingebunden ist, der Eisenbahn als Kerngeschäft betreibt. Insofern gibt es dort sowohl fachlich als auch von den Strukturen her mehr zu beachtende Abhängigkeiten als bei der HVLE.

4. Welche Hobbys haben Sie und wie wirken sie sich auf Ihre Arbeit aus?

Am Wochenende arbeite ich sehr gerne handwerklich im eigenen Haus und Garten. Das ist für mich ein schöner Ausgleich zu der, ansonsten doch sehr bewegungsarmen, Büroarbeit. Und natürlich freue ich mich besonders, wenn meine Töchter zu Besuch kommen, die leider nicht bei uns in der Nähe wohnen.

5. Wie wurden Sie zum Vorstandsmitglied der Havelländische Eisenbahn AG?

Über meinen Vorgänger erfuhr ich eher zufällig, dass ein Nachfolger für ihn gesucht würde und habe direkt mein Interesse signalisiert. Ab da ging es sehr schnell. Nach Gesprächen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Mehrheitseigentümer habe ich 6 Wochen nach den ersten Informationen meinen Vertrag unterzeichnet.

6. Was macht Ihnen am meisten und am wenigsten Spaß?

Besonders viel Spaß macht es, wenn langfristige Projekte und Entwicklungen zu positiven Ergebnissen führen. Das kann zum Beispiel die positive Entwicklung von Mitarbeitern sein, aber auch ein Großprojekt wie die Beschaffung unserer Hybridlokomotiven. Dieses Projekt ist noch von meinem Vorgänger angeschoben worden und wurde 2020 erfolgreich mit der Auslieferung der ersten Lokomotiven abgeschlossen. Anbei ein Foto der Stadler EuroDual, die 2018 auf der InnoTrans ausgestellt wurde, noch bevor die Zulassung vorlag.

 

Fotonachweis: HVLE – Innotrans 2018 – Bauer

 

7. Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

Da werde ich wohl im Ruhestand sein. Und freuen würde ich mich, wenn ich dann viel Zeit mit Enkelkindern verbringen kann – die allerdings derzeit noch nicht da sind. Vielleicht mache ich auch noch ein wenig für die Eisenbahn, aber zumindest aus heutiger Sicht nicht mehr in verantwortlicher Position.

8. Was würden Sie Ihrem 20 jährigen Ich, mit dem Wissen von heute gerne sagen wollen?

Ich fand bisher jedes Alter gut und wollte nie jünger sein, als ich gerade bin. Auch im Rückblick hat mein 20jähriges Ich fast alles richtig und nur ganz wenig falsch gemacht. Vielleicht nur den einen Hinweis, dass man sich nicht zu viele Sorgen machen sollte. Einer meiner Lieblingssätze ist: „Am Ende wird alles gut. Und ist nicht alles gut, ist es nicht das Ende.“

9. Welches Urlaubsland haben Sie bereits besucht und welches können Sie den Lesern empfehlen?

Ein herausragender Urlaub war sicher unser Besuch bei unserer ältesten Tochter in Neuseeland, die dort ein Jahr zur Schule gegangen ist. Ansonsten machen wir eher keine Fernreisen, sondern mache sehr gerne mit unserem Wohnwagen Urlaub in Deutschland und Europa.

10. Wie glauben Sie wird der Arbeitsmarkt in 5 Jahren aussehen, wenn die ersten Boomer in Rente gehen?

Um die Besetzung der Führungspositionen mache ich mehr eher wenig Sorgen. Die sind schon lange von meiner Generation besetzt und die nachkommende Generation freut sich, wenn sie endlich größere Verantwortung übernehmen darf. Bei den Fachkräften wird es allerdings schwierig werden, weshalb wir bei der HVLE auch bereits seit Jahren selbst ausbilden. Letztlich wird das Problem der Fachkräfte wegen der demographischen Entwicklung nur über ausreichende Zuwanderung zu lösen sein. Dafür wird man hoffentlich Lösungen finden.

Vielen Dank für das Interview.

 

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